Was ist eigentlich eine Musterfeststellungsklage? Teil 1

Was ist eigentlich eine Musterfeststellungsklage? Teil 1

Unzulässige Preiserhöhungen, unberechtigte Gebühren, mangelhafte Produkte: Zwischen Unternehmen und Verbrauchern kommt es immer mal wieder zu Problemen. Lange Zeit waren betroffene Verbraucher in solchen Situationen auf sich alleine gestellt. War mit dem Unternehmen keine Einigung möglich, musste der Geschädigte vor Gericht ziehen und dort um eine Erstattung seines Geldes oder Schadensersatz streiten.

Anzeige

Was ist eigentlich eine Musterfeststellungsklage Teil 1

Doch ein Gerichtsverfahren kostet nicht nur Zeit, Geld und Nerven. Vielmehr ist auch der Ausgang ungewiss. Selbst in ähnlich gelagerten Fällen gab es Urteile, die mal für und mal gegen den Verbraucher ausfielen.

Seit Ende 2018 hat sich die Lage verbessert. Sind viele Verbraucher von einem Schaden betroffen, kann eine sogenannte Musterfeststellungsklage nämlich im Vorfeld die zentralen Fragen klären. Doch was genau ist eine Musterfeststellungsklage? Wie funktioniert sie? Wer kann sie führen und wer mitmachen?

In einer mehrteiligen Beitragsreihe beantworten wir die wichtigsten Fragen rund um die Musterfeststellungsklage!:

Wieso wurde die Musterfeststellungsklage als Instrument eingeführt?

Meldungen über unrechtmäßige Preisaufschläge, fragwürdige Gebühren oder erhebliche Produktmängel machen regelmäßig die Runde. Gleichzeitig stellt sich für betroffene Verbraucher die Frage, wie sie zu ihrem Recht kommen.

Hohe Gerichtskosten, langwierige Verfahren und die Ungewissheit, ob das Gericht dem Verbraucher folgt und einen Rechtsverstoß erkennt, lassen einen einzelnen Geschädigten oft vor einer Klage zurückschrecken.

Die Folge ist, dass die meisten Verbraucher von einer gerichtlichen Auseinandersetzung absehen, während die Unternehmen die unrechtmäßig erwirtschafteten Gewinne einstreichen.

Ein Ärgernis ist das vor allem dann, wenn es sehr viele Geschädigte gibt. Die Einführung der Musterfeststellungsklage soll an diesem Punkt Abhilfe schaffen. Sie wird bei Massenschäden eingesetzt, um in einem vorgeschalteten Verfahren die wesentlichen Sach- und Rechtsfragen zu klären.

Die Entscheidungen im Zuge der Musterfeststellungsklage wirken sich auf und für alle Betroffenen aus. Dadurch hilft die Musterfeststellungsklage bei Massenschäden dabei, seine Rechte schneller, einfacher und kostengünstiger durchzusetzen. Außerdem kann sie dazu beitragen, dass ein Betroffener seine Forderungen auch in einem Fall geltend machen kann, bei dem eine Einzelklage mit zu viel Aufwand und zu hohen Kosten verbunden wäre.

Die Regelungen zur Musterfeststellungsklage sind im Gesetz zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage bestimmt. Das Gesetz ist am 1. November 2018 in Kraft getreten.

Wie funktioniert eine Musterfeststellungsklage?

Bei einer Musterfeststellungsklage ziehen nicht ein einzelner Verbraucher oder mehrere Verbraucher gemeinsam vor Gericht. Stattdessen ist ein Verbraucherverband der Kläger. Das Gericht überprüft, ob die Streitpunkte, die der Verbraucherverband vorträgt, zutreffen oder nicht und entscheidet daraufhin.

Lässt das Gericht die Klage zu, wird ein Register eröffnet. Verbraucher können sich in das Klageregister eintragen und sich auf diese Weise zu der jeweiligen Klage anmelden. Durch die Anmeldung ist die Verjährung der Ansprüche gestoppt, solange das Musterverfahren läuft.

Das ist deshalb wichtig, weil es immer wieder vorkommt, dass Ansprüche von Verbrauchern bereits verjährt sind, bis ein rechtskräftiges Gerichtsurteil vorliegt. Ist das Musterverfahren abgeschlossen, ist das Ergebnis für alle Verbraucher, die sich angemeldet hatten, verbindlich. Sie stehen deshalb so da, als hätten sie selbst geklagt.

Durch die Musterfeststellungsklage fällt für Verbraucher der Aufwand und das Kostenrisiko für das Gerichtsverfahren größtenteils weg. War die Klage erfolgreich, können Betroffene ihre Ansprüche außerdem viel leichter durchsetzen.

Denn es gibt ja bereits eine entsprechende Entscheidung, die den Rechtsverstoß und die Verpflichtung des Unternehmens, das Geld zurückzuzahlen und Schadensersatz zu leisten, bestätigt. Der einzelne Verbraucher muss dann nur noch seinen eigenen Schaden belegen.

Wichtig zu wissen ist aber, dass das Gericht auch eine Musterfeststellungsklage komplett oder in Teilen abweisen kann. Diese Entscheidung ist ebenfalls verbindlich und gleichbedeutend, wie wenn der Verbraucher seine eigene Klage verloren hätte.

War er bei dem Musterverfahren angemeldet, kann er deshalb nicht noch einmal vor Gericht gehen und die Fragen, die schon bei der Musterfeststellungsklage geklärt wurden, erneut gerichtlich prüfen lassen.

Besucher lesen auch gerade folgenden Beitrag:  Was tun, wenn die Lohnabrechnung fehlerhaft ist?

Kosten entstehen dem Verbraucher bei einer verlorenen Musterfeststellungsklage nicht. Vor Gericht muss zwar meist der Verlierer die Gerichtskosten und die Anwaltskosten der Gegenseite übernehmen. Dieses Kostenrisiko trägt bei einer Musterfeststellungsklage aber ausschließlich der klagende Verband.

Welche Verbände können eine Musterfeststellungsklage einreichen?

Das Gesetz legt fest, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um eine Klagebefugnis zu erhalten. Demnach muss der Verband unter anderem seit mindestens vier Jahren für Unterlassungsklagen zugelassen sein.

Außerdem braucht er eine gewisse Anzahl an Mitgliedern und Zuwendungen von Unternehmen dürfen höchstens fünf Prozent seiner finanziellen Mittel ausmachen. Zu den bekanntesten Verbänden, die Musterfeststellungsklagen einleiten können, gehören der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbz) und die Verbraucherzentralen.

In welchen Bereichen sind Musterfeststellungsklagen möglich?

Die Musterfeststellungsklage ist in vielen Bereichen denkbar. So kann sie sich zum Beispiel auf Strom- und Gasverträge, Finanz- und Versicherungsleistungen, Fragen im Zusammenhang mit dem Reiserecht oder die Produkthaftung beziehen. Entscheidend ist, dass ein Unternehmen einen Rechtsverstoß begangen hat, der viele Verbraucher in gleicher Weise betrifft.

Ob ein Verbraucherverband Klage erhebt, muss er abwägen. Wird er durch Hinweise und Beschwerden von Geschädigten auf einen Massenschaden aufmerksam, kann er aktiv werden. Und in aller Regel haben die Verbraucherverbände viel Kompetenz in erfolgreichen Gerichtsverfahren. Dennoch ist die Musterfeststellungsklage ein recht neues Instrument, zu dem die Erfahrungswerte bislang fehlen.

Hinzu kommt, dass es oft um sehr hohe Schadenssummen gehen wird, wobei der klagende Verband das Kostenrisiko trägt. Aus diesem Grund wird es vom Aufwand, den personellen Ressourcen und den finanziellen Möglichkeiten abhängen, ob ein Verbraucherverband eine Musterfeststellungsklage durchführt.

Können sich mehrere Verbraucher zusammentun und eine Musterfeststellungsklage einreichen?

Die Musterfeststellungsklage ist eine reine Verbandsklage, die nur solche Verbraucherverbände einleiten können, die die gesetzlichen Kriterien für eine Klagebefugnis erfüllen. Nach Zulassung der Klage wird ein Register eröffnet, in das sich betroffene Verbraucher eintragen können.

Verbraucher können weder alleine noch mithilfe eines Anwalts ein Musterverfahren einleiten.

Mehr Ratgeber, Tipps und Anleitungen:

Anzeige

Thema: Was ist eigentlich eine Musterfeststellungsklage? Teil 1

-

Übersicht:
Fachartikel
Verzeichnis
Über uns


drucken faxen99

Autoren Profil:
FB/Twitter

Veröffentlicht von

Autoren Profil:

Fred Naue, - Inhaber eines Druck- & Copyshops, Mike Sasse, - Drucktechniker, Sami Orkac, - Rechtsberater, Tina Kaminski, - Geschäftsführerin Bereich Schreibwaren, sowie Ferya & Christian Gülcan, Unternehmer/in & Gründer/in diverser Firmen und Erfahren in Büroorganisation, B2B, B2C, Planung & Kommunikation, Redakteure und Betreiber dieser Seite, geben und schreiben hier Wissenswertes zu Bürotechnik, Fax, Kommunikation, Schreibwaren, Internet, Verbraucher und mehr. Die Inhalte z.B. Vorlagen des Informationsangebots stellen keine Rechtsberatung dar, somit ersetzen die Inhalte auch keine rechtliche Beratung.

Kommentar verfassen