Was ist eigentlich eine Musterfeststellungsklage? Teil 2

Was ist eigentlich eine Musterfeststellungsklage? Teil 2

Ob mangelhafte Produkte, nicht nachvollziehbare Gebühren oder Preisanhebungen, die nicht zulässig sind: Nicht alle Geschäfte zwischen Unternehmen und Verbrauchern klappen reibungslos. Gab es Probleme, mussten Verbraucher lange Zeit alleine um ihr Recht kämpfen. Und oft führte der Weg vor Gericht, um Schadensersatz oder eine Erstattung des Geldes durchzusetzen. Allerdings kann ein Gerichtsverfahren langwierig sein und hohe Kosten verursachen.

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Was ist eigentlich eine Musterfeststellungsklage Teil 2

Hinzu kommt, dass sich der Ausgang nie mit Sicherheit vorhersehen lässt. Denn am Ende ist jeder Fall ein Einzelfall, bei dem alle Umstände berücksichtigt werden müssen. Selbst wenn die Ausgangssituation ähnlich ist, kann die Entscheidung ganz unterschiedlich ausfallen.

Seit November 2018 haben es Verbraucher etwas leichter. Betrifft ein Schaden viele Verbraucher, eröffnet die sogenannte Musterfeststellungsklage nämlich die Möglichkeit, die entscheidenden Fragen schon im Vorfeld zu klären. Geführt wird die Klage von einem Verbraucherverband.

Ist die Klage erfolgreich, ist der Rechtsverstoß des beklagten Unternehmens bestätigt. Betroffene Verbraucher müssen dann nur noch ihren eigenen Schaden belegen, um ihren Schadensersatz zu erhalten.

Nun ist vielen Verbrauchern aber nicht ganz klar, was genau eine Musterfeststellungsklage ist, wie sie funktioniert und wie sie abläuft. In einer Beitragsreihe beantworten wird deshalb die wichtigsten Fragen zum Instrument der Musterfeststellungsklage.

Hier ist Teil 2!:

Wie erfahren Verbraucher von einer Musterfeststellungsklage?

Hat ein Gericht eine Musterfeststellungsklage zugelassen, wird sie in einem öffentlich einsehbaren Klageregister bekannt gegeben. Oft werden Verbraucher aber auch über die Medien erfahren, dass es eine entsprechende Klage gibt und sie sich anschließen können.

Die Verbraucherzentralen und andere Verbraucherverbände als Kläger informieren außerdem auf ihren Webseiten über eingeleitete Musterverfahren.

Wie läuft eine Musterfeststellungsklage vor Gericht ab?

Bei der Musterfeststellungsklage handelt es sich um eine Verbandsklage. Als Kläger tritt also ein Verbraucherverband auf, der ein Unternehmen vor Gericht verklagt. Voraussetzung für die Zulassung einer Musterfeststellungsklage ist zunächst, dass der klagende Verband mindestens zehn einzelne Verbraucher mit Ansprüchen gegen das beklagte Unternehmen benennen kann.

Lässt das Gericht die Klage zu, wird sie in einem Klageregister veröffentlicht. Verbraucher, die ebenfalls betroffen sind, können sich dann in das Register eintragen. Das Gericht prüft nach zwei Monaten, ob mindestens 50 Anmeldungen vorliegen.

Ist das der Fall, findet das Gerichtsverfahren statt. Weitere Betroffene haben daraufhin noch bis zur mündlichen Verhandlung die Möglichkeit, sich dem Musterverfahren anzuschließen.

Haben sich nach Ablauf der zwei Monate keine 50 Verbraucher angemeldet, wird das Musterfeststellungsverfahren nicht durchgeführt. Nachträgliche Anmeldungen, die darauf abzielen, die notwendige Anzahl an betroffenen Verbrauchern doch noch zu erreichen, sind nicht möglich.

Im Zuge des Musterverfahrens behandelt das Gericht die Fragen, die zwischen dem klagenden Verband und dem beklagten Unternehmen strittig sind. In diesem Zuge können auch Gutachten von Sachverständigen eingeholt oder Zeugen vernommen werden.

Die angemeldeten Verbraucher sind an dem Gerichtsverfahren nicht direkt beteiligt. Im Klageregister können sie sich aber über wichtige Geschehnisse wie festgelegte Termine, Hinweise des Gerichts oder Zwischenentscheidungen informieren.

Wie können sich Verbraucher einer Musterfeststellungsklage anschließen?

Die Anmeldung für eine Musterfeststellungsklage ist erst dann möglich, wenn das Gericht nach der Klageerhebung durch den Verbraucherverband einen Eröffnungsbeschluss erlassen hat. Dabei muss die Anmeldung in Textform erfolgen. Verbraucher können sich also per Online-Formular, E-Mail, Brief oder Fax anmelden.

Das Klageregister führt das Bundesamt für Justiz (BfJ) in Bonn. Aus diesem Grund ist das BfJ auch der Adressat für die Anmeldung. Auf der Webseite des Bundesamtes sind Formulare mit Ausfüllhilfen für die jeweilige Musterfeststellungsklage hinterlegt.

Nach der Anmeldung werden die übermittelten Daten ohne weitere Prüfung in das Klageregister für die Musterfeststellungsklage eingetragen. Der Verbraucher ist also selbst dafür verantwortlich, dass seine Angaben korrekt sind.

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Welche Daten für die Anmeldung notwendig sind und worauf der Verbraucher achten muss, wenn er sich dem Musterverfahren anschließen möchte, erklären wir später noch ganz ausführlich.

Bis wann ist die Anmeldung für eine Musterfeststellungsklage möglich?

Ab dem Zeitpunkt, ab dem eine Musterfeststellungsklage im Klageregister veröffentlicht ist, hat ein  betroffener Verbraucher mindestens zwei Monate lang Zeit, um sich für das Musterverfahren anzumelden. Mindestens zwei Monate deshalb, weil das Gericht nach Ablauf von zwei Monaten prüft, ob sich genug Verbraucher angemeldet haben und das Verfahren durchgeführt wird.

Findet das Verfahren statt, kann sich ein Verbraucher auch nach Ablauf der zwei Monate noch anschließen. Die Anmeldung ist dann bis zum letzten Tag vor dem ersten mündlichen Verhandlungstermin möglich. Spätestens einen Tag, bevor die Sache zum ersten Mal mündlich vor Gericht verhandelt wird, muss die Anmeldung also beim BfJ eingehen.

Wann der erste mündliche Verhandlungstermin ist, wird mindestens eine Woche vorher im Klageregister bekannt gegeben.

Welche Kosten kommen bei einer Musterfeststellungsklage auf den Verbraucher zu?

Die Anmeldung im Klageregister ist für betroffene Verbraucher kostenfrei und die Vertretung durch einen Rechtsanwalt ist nicht vorgeschrieben. Auch für das Gerichtsverfahren müssen Verbraucher nichts bezahlen. Das Kostenrisiko trägt allein der klagende Verband.

Allerdings profitiert ein Verbraucher nur dann von den Ergebnissen der Musterfeststellungsklage, wenn sein Anspruch von der Klage abhängt. Außerdem muss sich der Verbraucher richtig angemeldet haben.

Enthält seine Anmeldung Fehler und ist sie deshalb unwirksam, nimmt er nicht am Musterverfahren teil. Auch in diesem Fall kann er aus dem Ergebnis der Musterfeststellungsklage dann keine Rechte für sich ableiten.

Deshalb kann es unter Umständen sinnvoll sein, wenn sich der Verbraucher juristisch beraten lässt, bevor er sich anmeldet. Auf diese Weise kann er sicherstellen, dass er sich keiner Musterfeststellungsklage anschließt, die für seinen Schadensfall gar keine Bedeutung hat.

Eine individuelle Rechtsberatung kann allerdings kostenpflichtig sein. Lässt sich der Verbraucher von einem Anwalt vertreten, muss er die Vertretung natürlich ebenfalls bezahlen.

Können sich Verbraucher von der Musterfeststellungsklage auch wieder abmelden?

Überlegt es sich der Verbraucher anders, kann er sich von der Musterfeststellungsklage auch wieder abmelden. Dabei kann die Abmeldung bis zum ersten mündlichen Verhandlungstermin zurückgenommen werden.

Spätestens zum Ende des ersten Tages, an dem die Angelegenheit mündlich vor Gericht verhandelt wird, muss der Verbraucher seine Abmeldung also beim BfJ eingereicht haben.

Damit ist die Abmeldefrist einen Tag länger als die Frist für eine Anmeldung. Denn die Anmeldefrist endet am Tag vor dem ersten Verhandlungstermin, während die Abmeldefrist mit dem ersten Verhandlungstag abläuft.

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