Was ist eigentlich eine Musterfeststellungsklage? Teil 3

Was ist eigentlich eine Musterfeststellungsklage? Teil 3

Mal ist ein Produkt mangelhaft, mal werden nicht nachvollziehbare Preise berechnet und mal werden Gebühren in einer nicht zulässigen Art erhöht: Bei Geschäften zwischen Verbrauchern und Unternehmen kann es immer mal wieder Schwierigkeiten geben. Dabei waren Verbraucher lange Zeit auf sich alleine gestellt. Um ihr Recht auf Schadensersatz oder eine Erstattung durchzusetzen, blieb ihnen oft nichts anderes übrig, als vor Gericht zu ziehen.

Was ist eigentlich eine Musterfeststellungsklage Teil 3

Doch ein Gerichtsverfahren kann dauern. Außerdem birgt es immer ein Kostenrisiko bei ungewissem Ausgang. Denn jeder Fall wird durch die individuellen Umstände zu einem Einzelfall. Deshalb können Gerichte zu sehr unterschiedlichen Entscheidungen kommen, selbst wenn die Ausgangssituation ähnlich ist.

Seit November 2018 ist die Situation für Verbraucher besser. Sind viele Verbraucher von einem Schaden betroffen, kann ein Verbraucherverband nämlich eine sogenannte Musterfeststellungsklage erheben. Dadurch werden die wesentlichen Fragen bereits geklärt.

Bei einer erfolgreichen Klage ist außerdem bestätigt, dass das jeweilige Unternehmen einen Rechtsverstoß begangen hat. Betroffene Verbraucher müssen dann nur noch ihren persönlichen Schaden belegen, damit er ersetzt wird.

Allerdings ist vielen Verbrauchern nicht bekannt, was genau eine Musterfeststellungsklage eigentlich ist und wie das Verfahren abläuft. In einer mehrteiligen Reihe beantworten wir deshalb die wichtigsten Fragen zum Thema.

Hier ist Teil 3!:

Wie kann eine Musterfeststellungsklage enden?

Wie letztlich jedes Gerichtsverfahren kann auch ein Musterfeststellungsverfahren entweder mit einem Vergleich oder mit einem Urteil enden.

Kommt es zu einem Vergleich, sollte die Absprache Zahlungen an die angemeldeten Verbraucher vorsehen. Der Vergleich, auf den sich der klagende Verband und das beklagte Unternehmen geeinigt haben, wird den betroffenen Verbrauchern zugestellt. Sie können daraufhin entscheiden, ob sie den Vergleich annehmen oder ablehnen.

Nehmen mehr als 70 Prozent der angemeldeten Verbraucher den Vergleich an, ist der Rechtsstreit für sie abgeschlossen. Lehnen höchstens 30 Prozent der Verbraucher den Vergleich ab, können sie im Anschluss an die Musterfeststellungsklage selbst noch einmal Klage gegen das Unternehmen einreichen.

Scheitert der Vergleich, weil sich mehr als 30 Prozent der Verbraucher dagegen aussprechen, fällt das Gericht ein Urteil. Endet das Musterfeststellungsverfahren mit einem Urteil, ist die gerichtliche Entscheidung für alle Beteiligten, also das beklagte Unternehmen und die angemeldeten Verbraucher verbindlich.

Die Verbraucher können dann entscheiden, ob sie das Urteil als Grundlage nehmen möchten, um ihre Ansprüche gegenüber dem Unternehmen durchzusetzen.

War die Musterfeststellungsklage erfolgreich, wird das beklagte Unternehmen die Schadensersatzansprüche oft erfüllen, ohne dass eine weitere Klage notwendig ist. Denn der Rechtsverstoß ist bereits bestätigt und jedes weitere Verfahren würde nur zusätzliche Kosten verursachen.

Sollte sich das Unternehmen trotzdem querstellen, macht es das Musterurteil für den jeweiligen Verbraucher deutlich einfacher, seine Rechte durchzusetzen.

Wichtig zu wissen ist aber, dass es auch bei einer Musterfeststellungsklage keine Erfolgsgarantie gibt. Das Gericht kann die Klage komplett oder in Teilen abweisen. Scheitert das Verfahren, wirkt das Musterurteil gegen den klagenden Verband und gegen die angemeldeten Verbraucher. Sie können dadurch ihre Ansprüche verlieren.

Besucher lesen auch gerade folgenden Beitrag:  Umfragen durchführen - die wichtigsten Schritte, Teil 2

Was unterscheidet eine Musterfeststellungsklage von einer herkömmlichen Klage?

Bei einer normalen Klage geht es um eine Leistung, die der Kläger vom Beklagten fordert. Bei dieser Leistung kann es sich zum Beispiel um eine Geldzahlung, die Herausgabe eines Sachgegenstandes, das Unterlassen von etwas und ähnliche Dinge handeln.

Im Unterschied dazu klagen bei einer Musterfeststellungsklage nicht die einzelnen Geschädigten, sondern ein Verbraucherverband. Außerdem bezieht sich das Verfahren nicht auf einzelne Leistungen.

Stattdessen geht es darum, die allgemeinen Voraussetzungen für die geforderten Leistungen zu klären. So kann es bei einer Musterfeststellungsklage zum Beispiel darum gehen, ob eine bestimmte Gebühr rechtmäßig eingeführt oder erhöht wurde.

Betroffene Verbraucher können sich dem Verfahren anschließen, ohne dass sie selbst klagen müssen. Die Feststellungen, die das Gericht trifft, sind dann auch für sie gültig. Im Fachjargon wird auch von einem sogenannten Feststellungsurteil gesprochen.

Wichtig zu wissen ist, dass eine Musterfeststellungsklage nur die allgemeinen Fragen klären kann, von denen viele Verbraucher gemeinsam und in gleicher Form betroffen sind. Die besonderen Umstände jedes Einzelfalles kann das Gericht nicht berücksichtigen.

Dadurch würde das Verfahren viel zu komplex und zu langwierig werden. Deshalb wird zum Beispiel auch nicht berechnet, in welcher Höhe den einzelnen Verbrauchern Schadensersatz zusteht.

Ist eine Musterfeststellungsklage mit einer Sammelklage wie in den USA vergleichbar?

Sammelklagen gibt es in verschiedenen Varianten. Ein sehr weitreichendes System wird in den USA praktiziert. Dort kann eine Sammelklage im Namen aller Geschädigten geführt werden, ohne dass sie dem Verfahren überhaupt zugestimmt haben. Auch die Forderungen nach Schadensersatz können deutlich höher angesetzt sein als der Schaden, der tatsächlich entstanden ist.

Die Idee dahinter ist, dass die Sammelklage und die hohen Schadensersatzforderungen ein Unternehmen nicht nur auf den Rechtsverstoß aufmerksam machen, sondern es gleichzeitig disziplinieren und bestrafen sollen.

In Deutschland gibt es so einen Ansatz nicht. Die Musterfeststellungsklage als Instrument wird daran nichts ändern und ist mit der Sammelklage in den USA auch nicht vergleichbar. Die mitunter geäußerte Sorge vor amerikanischen Verhältnissen ist also tatsächlich unbegründet.

Denn die Musterfeststellungsklage bringt weder neue, teils deutlich überhöhte Schadensersatzansprüche mit sich noch schafft sie finanzielle Anreize für Anwälte, durch Klagen satte Erfolgshonorare zu generieren.

Bei einer Musterfeststellungsklage erhält jeder betroffene Verbraucher maximal den Schadensersatz, der ihm so oder so rechtmäßig zusteht. Die Klage verfolgt lediglich das Ziel, die Durchsetzung seines Rechts zu erleichtern.

Mehr Ratgeber, Tipps und Anleitungen:

Thema: Was ist eigentlich eine Musterfeststellungsklage? Teil 3

Autoren Profil:
FB/Twitter

Veröffentlicht von

Autoren Profil:

Fred Naue, - Inhaber eines Druck- & Copyshops, Mike Sasse, - Drucktechniker, Sami Orkac, - Rechtsberater, Tina Kaminski, - Geschäftsführerin Bereich Schreibwaren, sowie Ferya & Christian Gülcan, Unternehmer/in & Gründer/in diverser Firmen und Erfahren in Büroorganisation, B2B, B2C, Planung & Kommunikation, Redakteure und Betreiber dieser Seite, geben und schreiben hier Wissenswertes zu Bürotechnik, Fax, Kommunikation, Schreibwaren, Internet, Verbraucher und mehr. Die Inhalte z.B. Vorlagen des Informationsangebots stellen keine Rechtsberatung dar, somit ersetzen die Inhalte auch keine rechtliche Beratung.

Kommentar verfassen